Unterschiedliche Lymphödeme und deren Behandlung
Lymphödem
Jedes Lymphödem ist entweder primär (angeboren) oder sekundär (erworben) bedingt. Die Behandlung unterscheidet sich nur in Außnahmen voneinader. Primäre Lymphödeme treten mit einer Häufigkeit von 0,5 ‰ auf, sodass es in Deutschland ca. 40.000 primäre Lymphödeme geben dürfte (laut DGL).
Während die Ödeme an den Armen in der Regel sehr einfach zu diagnostizieren sind, bestehen an den Beinen häufig Kombinationsödeme mehrerer Ödemkrankheiten. Die einzelnen Ödemkomponenten herauszudifferenzieren und die auch oft notwendigen Kombinationstherapien aus medikamentöser und KPE einzuleiten, ist in vielen Fällen nicht einfach und bedarf großer Erfahrung
Phlebödem
Die Ursache eines Phlebödems ist die vorangegangene Schädigung des Venensystems. Durch den entstehenden Rückstau erhöht sich der Druck des Blutes und es wird vermehrt Gewebeflüssigkeit in das Gewebe gedrückt. In erster Linie findet sich das Phlebödem in den Beinen. Therapie ist die MLD/KPE mit anschließender Kompressionsstrumpf Versorgung. Meist reichen Kniestrümpfe.
Orthostatisches Ödem
Das orthostatische Ödem entsteht durch eine Belastung des Venen-Lymphsystems durch längeres Stehen oder Sitzen. Am Abend sind die „Beine dick“, jedoch am Morgen bereits wieder dünn. Das Ödem tritt immer an beiden Beinen gleichmäßig auf. Entfällt die Belastung im Alltag, wie z.B. im Urlaub oder an Wochenenden, tritt normalerweise kein orthostatisches Ödem auf. Als Therapie hilft das Tragen von Kompressionsstrümpfen meist aus. Die manuelle Lymphdrainage ist nur in Ausnahmefällen notwendig.
Idiopathisches Ödem
Das ideopathische Ödem kann bei Frauen, oft in der Menopause (plusminus zwei Jahre), auftreten und macht sich dann häufig als Spannungsgefühl im Körper bemerkbar. Das Ödem ist immer symmetrisch, jedoch nicht unbedingt sichtbar. Das Spannungsgefühl tritt am Morgen eher am Oberkörper auf, ab Nachmittag dann eher im Bereich der unteren Körperhälfte. Die Behandlung erfolgt über die manuelle Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfe / Kompressionsstrumpfhose.
Diuretika-induziertes Ödem
Diuretiker, sogenannte „Wassertabletten“, haben in der Regel einen negativen Einfluss auf das klassische Lymphödem. Die Eiweisskonzentration wird durch die Einnahme im Gewebe gesteigert, was zu einer erneuten Einlagerung von „Wasser“ führt. Das führt wiederrum zu einer gesteigerten Einnahme von Diuretika, was in einen Teufelskreislauf endet. Die Therapie besteht durch eine ärztlich kontrollierte Diuretika Reduzierung, manueller Lymphdrainage und Kompressionstherapie. Sie die Lymphödeme therapiert, endet die Lymphtherapie.
Diuretika sind grundsätzlich nur indiziert bei:
- schwerer Herzinsuffizienz
- Hypertonie
- Aszites infolge Leberzirrhose
- Niereninsuffizienz
- Eine relative Indikation stellt das maligne Lymphödem dar.
Vaso-vegetatives Ödem
Bei den Vaso-vegetativen Ödemen handelt es sich um eine Veränderung des Gefäßtonus aufgrund von Störungen des vegetativen Nervensystems. Unterschieden werden hierbei drei Arten:
1. Ödem bei Reflexdystrophie (Morbus Sudeck)
2. Vasoneurotisches Ödem
3. Ödem nach Sympathektomie
Alle drei entwickeln ein Lymphödem und können über manuelle Lymphdrainage und leichte Kompressionstherapie behandelt werden.
Traumatisches Ödem
Das Traumatische Ödem tritt nach Verletzungen wie Knochenbrüchen, Verstauchungen, Operationen, Verbrennungen oder anderen Verletzungen des Gewebes auf. Ist die Ursache behoben, bzw. abgeheilt, bildet sich das Traumatische Ödem wieder zurück. Das ödem tritt hierbei nur im betroffenen Gebiet auf und kann nach der Verletzung sehr schnell entstehen. Die Therapie besteht in erster Linie aus manueller Lymphdrainage, Kompressionstherapie (Bandagen) und ggf. Kühlung und Hochlagerung.
Ischämisches Ödem
Das ischämische Ödem findet sich z.B. bei Patienten mit Diabetis mellitus. Die Durchblutung ist durch arteriosklerotische Erkrankungen gestört, was zu einem Sauerstoffmangel, einer Übersäuerung und damit zu einem Nährstoffmangel im Gewebe führt. Das führt dann zu einer Schädigung der Gefäßwände, was eine Ödemneigung begründet. Die Haupttherapie besteht aus der Verbesserung der Blutversorgung, jedoch auch durch manuelle Lymphdrainage und sehr leichter Kompressionsbehandlung. Oftmals können sodrohende Amputationen verhindert oder aufgeschoben werden.
Inaktivitätsödem
Das Inaktivitätsödem findet sich häufig bei Menschen mit Lähmungen aufgrund neurologischer Erkrankungen. Hierzu zählen Querschnittslähmungen, Multiple Sklerose, Poliomyelitis, angeborene Paresen oder auch der Apoplex. Das Ödem tritt teilweise erst nach Jahren der Inaktivität auf. Der Grund scheint die fehlende Muskelpumpe zu sein, die dem Venös-Lymphatischen System normalerweise im Transport behilflich ist. Die Behandlung des Lymphödems erfolgt über manuelle Lymphdrainage und leichet Kompressionstherapie.
Schwangerschaftsödem
Das Schwangerschaftsödem gehört zu den schwangerschaftsbedingten Krankheiten (Gestosen) und wird durch eine schwangerschaftsbedingte Nephropathie (Nierenerkrankung) ausgelöst. Die Wassereinlagerung kann während einer Schwangerschaft im Normallfall bis zu 7 Litern und im Krankheitsfall bis zu 25 Litern betragen, was sich durch massive Eindrückbarkeit von Dellen am ganzen Körper auswirkt. Die Therapie besteht aus manueller Lymphdrainage und Kompressionsstrumpfhosen, bzw. im Krankheitsfall auch durch Verabreichung von Medikamenten.
Chronisch-entzündliches Ödem
Das Cronisch-entzündliche Ödem kann bei rheumatischen Erkrankungen, Kollagenosen, nach Bestrahlungen, bei chronischen Ekzemen und anderen chronischen unspezifischen Hauterkrankungen und bei Verbrennungen beobachtet werden. Die Haupttherapie besteht in der medikamentösen Behandlung der Hauptursache. Das Ödem kann jedoch über manuelle Lymphdrainage und Kompressionstherapie unterstützt werden. Die Ödemtherapie sollte nur dann nicht durchgeführt werden, wenn die Hauptursache durch Bakterien oder Viren ausgelöst wurde. Besteht zudem Fieber, ist die Lymphtherapie kontraindiziert.
Ödem bei Nierenerkrankung
Das Ödem durch eine Nierenerkrankung zeigt sich besonders als Lidödem (am Auge). Die Ursache ist dann ein volles oder partielles Nierenversagen, bzw. Nierenentzündung. Die Therapie wird über Medikamente, einer angepassten Ernährung, ggf. über Dialyse bis hin zu einer Nierentransplantation durchgeführt. Eine Therapie über ML/KPE ist in diesem Fall nicht angezeigt.
Eiweißmangelödem
Die häufigste Ursache des Eiweissmangelödems ist in Europa der verstärkte Eiweißverbrauch durch schwere Tumorerkrankungen oder durch eine erhöhte Eiweißausscheidung. In Ländern mit einem Magel an Nahrung kann das Ödem oft bei Kindern beobachtet werden. Es zeichnet sich dann durch den aufgeblähten Bauch aus. Andere Auslöser sind Erkrankungen des Darmtrackts, der Leber (Leberzirrhose) oder der Nieren. Die Basistherapie setzt sich meist aus einer medikamentösen und diätischen Komponente zusammen. Sind auch die Beine durch Ödeme betroffen, kann mit der Manuellen Lymphdrainage und Kompressionstherapie die Therapie optimiert werden.
Kardiales Ödem
Das Kardiale Ödem tritt aufgrund einer Rechtsherzinsuffizienz auf und bedarf einer ärztlichen Betreuung. Bedingt ist das Ödem durch einen erhöhten Druck im Venensystem, da die Pumpleistung des Herzens nicht für den vollständigen Bluttransport ausreicht. Das ödem tritt symmetrisch auf und fühlt sich teigig weich an. Ein geübter Arzt oder Lymphtherapeut kann das Kardiale Ödem alleine an der Ödemkonsistenz ertasten. Therapiert wird das Ödem medikamentös über Diuretika und/oder ACE- Hemmer. Zudem kann durchaus die manuelle Lymphdrainage und eine schwache Kompressionstherapie durchgeführt werden. Hierbei ist der Zustand des Patienten genau zu kontrollieren, um a) das Herz nicht noch weiter zu belasten und b) kein Lungenödem zu provozieren. Die ML/KPE ist kontraindiziert, wenn der Patient nicht medikamentös versort wird und zudem weitere Anzeichen wie Luftnot oder Blaufärbung der Lippen hat.
Akutes allergisches Ödem
Das allergische Ödem kann am ganzen Körper oder an einer Körperregion auftreten. Hierbei kann das Ödem genauso schnell wieder gehen, wie es gekommen ist. Die Therapie geschieht nur medikamentös, z. B. mit Kortison. Eine Behandlung über ML/KPE ist nicht notwendig. Eine z.B. Gesichtslymphdrainage kann jedoch sehr schnell für eine Linderung sorgen.
Endokrines Ödem
Ein endokrines Ödem kann dann entstehen, wenn es zu einer Dysbalance zwischen den Hormon produzierenden Organen im Körper kommt. Neben der medikamentösen Einstellung des Hormonellen Gleichgewichtes ist auch die Therapie durch die manuelle Lymphdrainage und Kompressionsversorgung indiziert.
Toxisches Ödem
Das Toxische Ödem tritt z.B. nach einem Biss einer Schlange oder Spinne auf. Aber auch Bienen oder die Berührung mit bestimmten Pflanzen kann zu den Ödemen führen. Das Ödem befindet sich meist in dem betroffenen Bereich. Die Therapie erfolgt nur über Medikamente, da eine Lymphtherapie die Gifte im Körper weiter verteilen könnten.
Diätetisch bedingtes Ödem
Das diätisch bedingte Ödem tritt z.B. durch eine zu extreme oder schnelle Aufnahme von Wasser auf. Oder, wenn zu viel Kochsalz aufgenommen, bzw., in seltenen Fällen, Lakritze gegessen wird (Lakritzödem). Die Therapie wird durch die Umstellung der Nahrungsaufnahme durchgeführt. Weitere Therapien durch z.B. ML/KPE sind nicht indiziert.
Medikamentös bedingtes Ödem
Die Einnahme von Medikamenten wirkt sich immer auch auf das „Gesamtsystem Körper“ aus. Hierbei werden ungewollt auch mal Lymphödeme hervorgerufen, die manchmal als Nebenwirkung angesehen werden müssen. Z.B. können bestimmte Kortikoide, nichtsteroidale Antirheumatika, Östrogene, Antiöstrogene, Antikonzeptiva, Gestagene und Kalziumantagonisten oder Diuretika zu Ödemen führen. Die Basistherapie ist hier dann der Verzicht auf das Medikament, wenn möglich und/oder die Gabe von Diuretika.
Höhen Ödem
In Deutschland dürfte so ein Ödem nur bei denen auftreten, die sich sehr lange in großen Höhen von mind. 3000 Metern aufhalten (Gleitschirm- bzw. Segelflieger) und sich in keiner Druckkammer befinden. In anderen Ländern berichten Bergsteiger öfter von Höhen bedingten Ödemen. Aufgrund des niedrigen Luftdrucks entsteht ein reduzierter Gewebsdruck, was einen Sauerstoffmangel im Gewebe hervorruft. Dieser Mangel kann an Armen und Beinen, aber auch an der Lunge oder im Gehirn entstehen. Erste Anzeichen sind Kopfschmerzen und Erbrechen. Die Basistherapie ist eine sofortige Reduzierung der Höhe, um die Sauerstoffsättigung zu erhöhen.